Angekommen im schwedischen Sommer.
Ich liege in einem kleinen Sund, der durch seine zwei extrem schmalen Einfahrten wie ein See wirkt. Es ist wunderschön hier, friedlich und ruhig. Ich habe beschlossen, dass Wochenende hier zu verbringen und mal so richtig auszuspannen.
Wie ich hier hergekommen bin, war auch recht spannend:
Es fing damit an, dass ich unbedingt und schnell von Docksta weg wollte. Der kleine Hafen im Ullangersfjord lag toll in den Bergen, war aber leider relativ laut, weil eine große Straße dicht vorbeiführte. Nicht ideal für einen längeren Aufenthalt.
Also bin ich Freitag los; recht spät erst, es war schon nach Mittag. Eigentlich wollte ich nur ein, zwei Buchten weiter. Aber es kam anders.
Ich bin raus aus dem Fjord. Der Wind war schwach und kam von vorn. Wieder mal. Ich lief unter Motor und hoffte, dass draußen der Wind stärker sein würde. Vorbei am Leuchtturm Ytternäsan, raus auf die See. Leider immer noch kein Wind. Ich motorte weiter. Erst in der Enge bei Högholmen frischte es etwas auf. Und jetzt wehte es sogar von schräg achtern. Na, das ist doch genial, dachte ich. Ich zog den Gennaker hoch und auf einmal lief es. Erleichtert stoppte ich die Maschine und glitt gemütlich mit 1,5-3,0 kn dahin. Wunderbar. Vor mir in weiter Ferne ein anderer Segler auch mit seinem bunten Tuch. Es sah so verlockend aus. Und ich beschloss, einfach weiterzusegeln. Vorbei an meiner anvisierten ersten Bucht, vorbei an meiner anvisierten zweiten Bucht. Einfach weiter. In den Abend hinein. Der Gennaker zog mich so schön. In den nächsten Tagen sollte es wieder Südwestwind geben. Das musste ich doch hier ausnutzen, oder?
So machte ich es mir bequem in der Abendsonne und fuhr in die Nacht hinaus. Ein schöner Sommerabend auf See. Ich fing an, mich wie ein Weltumsegler zu fühlen; machte mir unten eine Dose Linseneintopf warm, aß genüsslich und spülte anschließend den Topf im Meerwasser. Cool. Machen die das nicht so, die Weltumsegler?
Die Sonne ging unter und der Mond kam hervor. Es war fast Vollmond. Ähnlich wie in der Nachtfahrt nach Lohusalu stieg der Mond majestätisch aus dem Meer empor. Ein unglaublicher Anblick. Ich war gar nicht darauf gefasst und erschrak ziemlich, als ich irgendwas großes helles hinter meiner Schulter erblickte. Zuerst dachte ich, das wäre ein großes Schiff oder so. Aber puh.. nur der Mond … 🙂
Schiffe gab es keine weit und breit. Es wurde elf, zwölf und so langsam fing es an, dunkel zu werden, ein bisschen zumindest. So langsam musste ich mir auch mal Gedanken, um einen Ankerplatz machen. Ich fand etwas geeignetes, noch ein paar Meilen entfernt. Auch wenn mittlerweile der Wind wieder eingeschlafen war, blieb ich bei dem Plan. Die Bucht war leicht von außen zu erreichen, mit einer breiten Einfahrt, die auch im Halbdunkeln wohl keine Probleme machen würde. So war es dann auch. Ich ließ den Anker fallen auf 4m Tiefe und verschwand in der Koje.
Der nächste Morgen.
Verschlafen blinzelte ich in die Sonne. Drei Mädels waren am Ufer und kamen beim Schwimmen recht nah an mein Boot heran. Eine von den dreien konnte immer noch stehen im Wasser. Hm. Ich schaute an der Seite raus aus dem Boot ins Wasser und konnte ganz nah und klar den Grund erkennen. Sollte ich mir Sorgen machen? Lot eingeschaltet: 1,9 m. Lieber mal rein ins Wasser und schauen, ob hier unten alles in Ordnung ist. Ups, ich konnte mit den Zehen den Grund erreichen. Unterm Ruder waren noch ca. 20 cm Platz. Das ist nicht ideal, oder? Wenn der Wind noch weiter auffrischte, würde ich vielleicht noch näher an Land kommen, dachte ich mir. Also schnell handeln. Anker aufgeholt; das war diesmal kein Problem und ging nach meiner letzten Erfahrung sogar erstaunlich leicht. Ich überlegte, den Anker einfach zu verlegen, weiter in die Mitte der Bucht hinein. Zweimal probierte ich es, aber beide Male hielt der Anker nicht. Auch hatte der Wind gedreht und stand nun fast direkt in die Bucht hinein.
Ein drittes Mal wollte ich es nicht probieren und so fuhr ich erst mal raus.
In der Avikebukten ließ ich mich treiben. Ich musste ja einen neuen Platz finden und allzu weit wollte ich auch heute nicht fahren. So ganz ausgeschlafen war ich nicht. Ich stöberte in der Seekarte und in meinem „Norrlandskuste“-Buch. Ich fand den Tyrundösundet. Er hatte zwar eine schmale Rinne als Zufahrt mit nur 2,0 m Wassertiefe. Aber ich wollte es probieren.
Die Einfahrt wurde auch sehr spannend. Extremst eng war es. Im Schneckentempo fuhr ich hinein.
Die Rinne war unglaublich schmal, überholen und entgegenkommen ausgeschlossen. So hielt ich zwei Motorboote hinter mir auch ziemlich auf. Mir war es egal. Ich wollte nur heil in der Bucht ankommen. Erleichtert war ich endlich hindurch durch die Einfahrt und suchte mir ein Plätzchen im Südosten. Auch diesmal hielt der Anker nicht beim ersten Mal. Einen riesigen schweren Büschel von Kraut zog ich wieder mit hoch. Mist. Dann erinnerte ich mich an einen finnischen Segler aus Groplandet, der mir damals den Tipp gab: „Immer langsam und behutsam den Anker einfahren. Mit langsamer Fahrt rückwärts.“ Ich probierte es und es klappte, der Anker hielt. Super! Ich war wohl zu ungeduldig und habe erst zuviel Gas gegeben. Gut, wieder was dazugelernt.
Entspannung trat ein und ich konnte so richtig ins Wochenende starten….
Schwimmen, essen, schlafen, lesen, in der Sonne liegen, nichts tun….. 🙂

Hier noch ein paar Fotos:

Unter Gennaker in den Abend hinein:
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Wovon ernährt man sich in Schweden eigentlich auf See?
Na klar: Knäckebrot und Wasser. Das muss reichen…
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Der Himmel um Mitternacht:
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Hell leuchtet der Mond über dem Meer:
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Im Mondschein in die Ankerbucht:
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Meine Ankerbucht:
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Diese hier scheint Gefallen an meinen Leinen gefunden zu haben:
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Fazit: 71 Seemeilen (43 unter Segel, 28 unter Motor)
Gesamt: 1590 sm


Kommentare

Über Barsviken nach Tyrundösundet… — Ein Kommentar

  1. Das war schön zu lesen…find ich gut, dass du mal ausspannst…komm aber auch gut wieder raus aus der Bucht, gel?
    bei uns sinds noch drei Tage, dann geht auch das Entspannen los 🙂
    glg