Ich sitze unten in der Kajüte. Draußen regnet es Bindfäden. Für mich ein ungewohntes Bild und Gefühl, war doch der Sommer bisher sehr sonnig und trocken, jedenfalls dort wo ich unterwegs war. Eigentlich wollte ich die schöne Gegend um meinen Liegeplatz erkunden, aber nun nutze ich die Zeit und schreibe mal wieder einen Bericht:
Einige Tage sind seit meinem letzten Eintrag ja nun auch vergangen und ich kann einiges berichten.
Seit drei Tagen bin ich nun auch wieder allein auf dem Boot. Schade eigentlich, denn die Zeit zu zweit war sehr schön und erholsam.
Aber gut. Die Reise geht weiter.
Was ist denn alles passiert? Wo soll ich anfangen? Beim Kampf gegen den Vänern-See gestern oder dem restlichen Göta-Kanal oder den gigantischen Schleusen im Trollhättan-Kanal?
Am besten der Reihe nach:
Von Töreboda ging es nach Sjötorp, dem Ende des Göta-Kanals. Es war eine leichte Tour, zwar wieder mit vielen Schleusen, 19 an einem einzigen Tag, aber es ging ja hinunter, d.h. Abwärtsschleusung. Und das ist ziemlich einfach, auch im Göta-Kanal. Weg fiel nämlich das lästige links Ranfahren vor jeder Schleuse und das auf Dauer anstrengende Dichtholen des Vorleine.
Am Ende des Tages, kurz vor Sjötorp und den letzten 5 Schleusen war es mir dann eigentlich auch wirklich genug mit der ganzen Kanalerei, aber die Konzentration musste hochgehalten bleiben. Ich wollte ja nicht ausgerechnet in der letzten Schleuse mir noch eine Macke ins Boot fahren. Erleichtert, dass alles so gut geklappt hat, liefen wir dann auch im äußeren Hafen von Sjötorp ein und gönnten uns am frühen Nachmittag ausnahmsweise ein Anlegebier. Abends waren wir noch zum Rowein bei unseren Konvoi-Mitstreitern auf dem Boot eingeladen. Es wurde ein netter Abend.

Wie schon berichtet, habe ich den Göta-Kanal nicht in der Hauptsaison, sondern in der sogenannten Bestellsaison durchfahren. Hier fährt man in einem festen Konvoi von ein paar Booten die Strecke zusammen nach einem ziemlich festgelegten Zeitplan ab. Unser Konvoi bestand aus insgesamt 4 Booten. Im Vorfeld hatte ich einige Bedenken, ob dies wohl eine gute Entscheidung ist. Hat man Zeit genug, alles zu sehen und aufzunehmen? Wird der feste Zeitplan stressig? Im Nachhinein muss ich sagen: Es war eine sehr sehr gute Entscheidung. Als absolut positiv empfand ich, dass die gesamte Kanalstrecke auf und nebem dem Wasser und auch alle Anlegestellen und Häfen total leer waren. Die Saison ist definitiv vorbei gewesen und man hat seine Ruhe. Außerdem hat man absolut keine Wartezeiten weder an den Schleusen noch an den Brücken. Wenn man dort eintraf, öffneten diese sofort. Perfekt. Und trotzdem hatte man unterwegs genug Zeit und auch Zeit genug, die Seen segelnd zu durchfahren, sowie der Wind passte. Ich kann die Konvoifahrt im Göta-Kanal definitiv empfehlen!
Soviel dazu. 😉
Auf dem Weg weiter nach Göteborg lag ja nun dann der riesige Vänern-See. Schon wenn man im Hafen von Sjötorp liegt, kann man die Größe erahnen wenn man raus ins Blaue schaut. Wahnsinn, es ist unglaublich, dass diese Wasserfläche vor einem ein Binnensee sein soll. Wie groß und ungemütlich dieser werden kann, sollte ich dann noch erfahren.
Am Mittwoch ging es dann einen kurzen Schlag rüber nach Mariestad, wo ich einen Tag blieb.
Dann am Freitag machte ich mich auf, die andere Seite des Sees zu erreichen. Ich bin ziemlich auf direktem Kurs gefahren und habe dabei sage und schreibe 44 sm zurückgelegt. Wie gesagt, eine riesige Wasserfläche, aber zugleich unheimlich abwechslungsreich. Und Schären gibt es dort! Wunderschöne. Ich hätte es nicht gedacht, aber die Schären hier gehören für mich zu den schönsten, die ich bisher auf meiner Reise gesehen habe. Traumhaft ist die Inselwelt rund um das Schloss Läckö. Auch die Anfahrt zu meinem Zielhafen Sunnana war gesäumt von wunderbaren kleinen Inselchen. Und allein ist man hier, den ganzen Tag über sah ich ganze drei Boote, keine Menschenseele unterwegs. Man sollte hier mal einen ganzen Sommer verbringen! Solange das Wetter bzw. der Wind nicht Starkwind-bis Sturmstärke annimmt, kann natürlich auch herrlich gesegelt werden. Dass der See aber auch ziemlich Zähne zeigen kann, habe ich gestern erfahren (müssen). Angesagt waren 5-6 bft, in Böen bis 7. Im nördlichen Teil des See gab es „gale warning“. Naja, ich wollte direkt nach Süden, also wird es schon gehen, dachte ich. Außerdem war die Strecke mit 25 sm auch überschaubar. Gegen nachmittag und Abend sollte der Wind auch abnehmen und so machte ich mich um 13 Uhr auf den Weg. Leider empfing mich, nachdem ich nach 4 sm nach Süden abbog, eine sehr hässliche, extrem kurze und steile Welle. Sowas hatte ich bisher wirklich noch nicht gehabt! Und das auf diesem See! Und dann drehte der Wind auch noch und ich musste kreuzen. Grausam. Kurz überlegte ich, ob ich umkehren soll, aber ich wühlte mich durch. Ein paar Mal schlug das Boot derart in die Wellen ein, dass ich dachte, es zerbricht. Ich habe dann jede von diesen fiesen größeren Wellen ausgesteuert. Es ging dann, aber aus den 25 sm wurden 38. Puh.
Als ich kurz vor Vänersborg war, noch ca. 3 sm, ließ der Wind merklich nach und ich konnte mich etwas erholen und mich in Ruhe auf die Ansteuerung und das Anlegen vorbereiten. Eine Eisenbahn-Brücke hatte ich noch zu passieren, die direkt vor dem Hafen lag. Mehrmals funkte ich die Brücke an, bekam aber keine Antwort. Na, toll, auch das noch. Es wurde schon ein wenig dunkel, ich schaltete meine Lichter ein und fuhr ganz bis vor zur Brücke. Es war keine Berufsschifffahrt zu sehen und ich drehte dort dann Kreise. Endlich, nach ca. 20 Minuten Wartezeit tat sich was und die Lichter wechselten auf Rot-Weiß, hier immer ein Zeichen, dass die Schleuse oder Brücke im Begriff ist, zu öffnen. Endlich! Im Hafen nahm ich den erstbesten Liegeplatz außen längsseits. Auf die Moorings dort hatte ich nun wirklich keine Lust mehr. Müde und erschöpft verschwand ich in der Koje.
Heute morgen sah alles schon wieder gut aus, nur das Wetter nicht. Der Sonnenschein und strahlend blaue Himmel von gestern war eingetauscht worden in ein ödes Grau, der ein oder andere Tropfen fiel. Hm. Kann man nix machen, jedenfalls wehte kaum Wind. Das fand ich gut, denn von dem wollte ich heute nicht schon wieder belästigt werden. Naja, eigentlich waren es ja mehr die Wellen gestern. Aber die gibt es auf dem Trollhättan-Kanal zum Glück wohl nicht. Ich bin nämlich gerade dabei, den Trollhättan-Kanal zu durchfahren, den den Vänern-See mit Göteborg verbindet. 6 Schleusen müssen hier bewältigt werden und einige Brücken. Anders als im Göta-Kanal wird der Trollhättan-Kanal auch von der Berufsschifffahrt genutzt und ist dementsprechend angelegt und dimensioniert. Besonders die Schleusen sind gewaltig. Heute habe ich 5 von den 6 hinter mich gebracht und bin dabei mächtig ins Staunen gekommen. Zum Glück war ich in den Schleusen allein und mit dem Boot beschäftigt, sonst hätte man durchaus mal das „Angstschlottern“ bekommen können. Das Schleusen an sich war relativ einfach und auch einhand ziemlich gut zu bewältigen. Man muss keine Leinen irgendwo durchfummeln, sondern kann das Boot an einer der Leitern in der Schleusenkammer festhalten. Da mein Boot ja relativ klein ist, ging das gut nur mit einer Hand und dem Bootshaken. Auch ist gut, dass ich Abwärtsschleuse. Das Wasser wird dann relativ sanft abgelassen. So hat heute alles wunderbar geklappt.
Jetzt liege ich hier in Trollhättan sehr idyllisch ganz allein bei den alten Schleusen. Die Umgebung ist parkähnlich und wunderschön. Leider regnet es, aber morgen scheint bestimmt wieder die Sonne….

Der riesige Vänernsee:
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Schöne Schärenlandschaft gibt es hier:
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Mein Liegeplatz an der alten Trollhättan-Schleuse:
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Die eindrucksvollen Schleusen des Trollhättan-Kanals:

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Auch diese beeindruckende Eisenbahnbrücke, wobei die Gleise komplett wie in einem Aufzug nach oben gefahren werden,  öffnete für mich:
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Fazit: 114 Seemeilen (68 unter Segel, 46 unter Motor)
Gesamt: 2219 sm


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Über den Vänernsee nach Trollhättan — Ein Kommentar